Berlin, Six Days

Risi/Marvulli übernehmen die Führung bei den Berliner Six-Days

Photo: courtesy
Willem Dingemanse

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Robert Bartko schaute fast träumerisch ins weite Oval des Velodroms. Dann streckte der 33-jährige Doppel-Olympiasieger die Beine aus und sinnierte: "Nichts im Leben ist umsonst." Da klang ein wenig Frust durch.
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Bei Halbzeit de 98. Berliner Sechstagerennens hatten, nach einer starken Schlussattacke von Erik Zabel in der 45-Minuten-Jagd der Goldenen Nacht, Bartko/Zabel die Führung übernommen. Gestern waren der Potsdamer und der gebürtige Berliner gnadenlos auf Rang fünf - dazu noch mit einer Runde Rückstand - durchgereicht worden. "Erik Zabel hat eine Magen-Darm-Grippe erwischt", erklärte Berlins Bahnärztin Silke Klare die Situation.
In beiden Jagden spielte der Milram-Profi keine Rolle, versuchte aber zumindest, den Schaden so gering wie möglich zu halten. Eine mögliche zeitweilige Neutralisation lehnte Zabel jedoch ab. "Ich wollte die Zuschauer hier einfach nicht enttäuschen", sagte der erfolgreichste deutsche Radprofi, der mit dem Finale am Dienstag seine Karriere beendet.
Die Spitzenposition vor der fünften Nacht sicherten sich die Schweizer Vorjahressieger Bruno Risi/Franco Marvulli. Ihnen folgen Roger Kluge/Kenny de Ketele (Cottbus/Belgien) und die Berliner Robert Bengsch/Marcel Kalz.
Der traditionelle Familien-Sonntag hatte für das favorisierte Duo Zabel/Bartko schon ganz mies angefangen. Während am Vormittag einige tausend Kinder, begleitet von Eltern oder Großeltern, voll unbändiger Energie das Velodrom in Beschlag genommen hatten, quälte sich der 38-jährige Zabel erst in seine Koje und dann mit immer bleicher werdendem Gesicht um die 250-m-Bahn.
"Das ist schon eine absolut profihafte Einstellung", freute sich Sechstage-Chef Heinz Seesing über seinen Star-Fahrer genauso wie über die insgesamt 19 000 Zuschauer, die am Samstag und Sonntag in den Berliner Radtempel geströmt waren. Der angekündigte Besuch von Tour-de-France-Sieger Jan Ullrich war dagegen ausgeblieben.
"Ich hoffe, dass Erik wieder fit wird. Es wäre schade, wenn er in seinem letzten Rennen nicht bis zum Ende voll durchfahren könnte. Aber darauf können wir natürlich keine Rücksicht nehmen", sagte der erfolgreichste aktive Sechstageprofi Bruno Risi, der in Berlin seinen 58. Sieg bei einem Sechstagerennen erkämpfen möchte.
Ungeachtet der Spannung auf der Rennbahn stand der Familien-Sonntag wieder ganz im Zeichen der künftigen Radsportgeneration. Musik, Clowns, Fahren auf dem Radsimulator oder auf einem richtigen Bike - alles wurde geboten und angenommen.
"Wir haben uns damals richtig entschieden, als wir einen Tag für die Familien reserviert haben", sieht sich Heinz Seesing bestätigt, nicht zuletzt "weil es am Sonntag eine ziemlich große Zuschauerbewegung gibt. Die Familien bleiben nicht ganz so lange wie die Gäste an den anderen Tagen, aber es passen durch die ständige Fluktuation mehr Zuschauer in die Halle."
Auf die Unterstützung der Fans hofft Robert Bartko. Denn für ihn kommt jetzt alles auf den Start in die vorletzte Nacht an. "Na klar, am Montag geht es für uns schon um die Wurst. Eine Runde Rückstand ist machbar", sagte Bartko, fügte aber umgehend hinzu: "Aber das läuft nur, wenn Erik fit ist."


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